Nutzereinbindung im Krankenhausbau: Immer ein ‚Wünsch Dir was’? Wie wichtig die Nutzereinbindung im Krankenhausbau…
Digitalisierung im Krankenhaus – top oder flop?
Über Digitalisierung im Krankenhaus wird zur Zeit viel geschrieben. Meistens über zukunftsweisende medizinische Apps zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Der Blick in die Zukunft scheint so zugkräftig, dass übersehen wird, dass die Digitalisierung im Krankenhaus bereits läuft. Aber da Projekte zur Digitalisierung nicht immer top laufen, stellen wir heute eine Checkliste für exzellentes Projektmanagement in der Digitalisierung vor – eben für top-Projekte.
Die folgenden Punkte sind erfahrungsbasiert aus unseren Digitalisierungsprojekten und ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengestellt. Manche Punkte scheinen auf den ersten Blick trivial zu sein. Das sind sie jedoch offensichtlich nicht. Denn es ist immer wieder erforderlich, Entscheider von ihrer Relevanz zu überzeugen.
Quelle der Impulse zur Digitalisierung
Woher sollen die Impulse für Digitalisierung kommen? Und mit wem sind die Impulse zu erörtern und abzustimmen? Falls die Geschäftsführung oder die Leitung der IT-Abteilung nicht der Kristallisationskern sein wollen, hilft die Einführung eines IT-Gremiums. Dieses besteht aus Anwendern und IT-Vertretern in leitender Funktion mit Entscheidungsbefugnis oder Befugnis zur Entscheidungsvorbereitung.
Auswahl der geeigneten IT-Systeme
So trivial es sich vielleicht anhört, nicht immer werden IT-Systeme angeschafft, die tatsächlich den Bedarf der Anwender decken. Eine initiale Analyse des Bedarfes und der Anforderungen hilft, sich für das am besten geeignete IT-System zu entscheiden.
Kunden der IT-Hersteller besuchen
Sofern Sie nicht der erste Kunde eines IT-Herstellers sind, gibt es bereits Kunden, die mit der Software arbeiten. Ein Besuch von Kunden durch eine Delegation von Anwendern und IT-Mitarbeitern bringt schnell mehr Klarheit, wie sich das IT-System im täglichen Einsatz macht.
Der frühzeitige Blick unter die Haube
Oft kann die verkaufsorientierte Präsentation eines IT-Systems durch den IT-Hersteller folgende Fragen nicht beantworten: mit welcher Programmierphilosophie und Systemlogik ist entwickelt worden? Wie ist das IT-System in der Vergangenheit aktualisiert und weiterentwickelt worden? Ein Besuch bei den Entwicklern des IT-Herstellers mit Vertretern der Krankenhaus-IT-Abteilung bringt hier mehr Transparenz.
Geräte der Medizintechnik sind auch IT-Systeme
Medizintechnische Geräte sind immer mehr als IT-Systeme zu begreifen. Sie bringen mittlerweile umfangreiche Software mit. Überprüfen Sie die Möglichkeiten zur Einbindung von Medizingeräten in die vorhandene IT-Systemlandschaft bereits vor dem Einkauf. Denn nur so können vorhandene Patientendaten übernommen und entstandene Befunddaten an weiterverarbeitende Systeme übergeben werden.
Frühzeitige Einbindung der zukünftigen Anwender
Ohnehin ist die frühzeitige Einbindung der Anwender sinnvoll, um von Ihnen zu erfahren, an welchen Stellen und wie die tägliche Arbeit bestmöglich unterstützt werden kann. Zudem steigt die Akzeptanz für das neue IT-System, wenn die Anwender mitreden durften und gehört wurden.
Auf Interoperabilität achten
IT-Systeme mit sogenannten proprietären Schnittstellen, die sich nicht an den gängigen Standards orientieren, sollten nicht in die engere Wahl kommen. Denn entweder man lässt später noch eine kostspielige Schnittstelle entwickeln, um die Insellösung in die IT-Systemlandschaft einzubinden. Oder die Anwender dokumentieren doppelt, damit die Daten auch im separaten IT-System, das keine Schnittstelle hat, stehen.
Keine Einführung neuer IT-Systeme ohne Modernisierung der Prozesse
Neue IT-Systeme sollten nicht die aktuellen, in vielen Fällen historisch gewachsenen Prozesse abbilden. Initial sollten die mit der Einführung eines neuen IT-Systems verbundenen Ziele, sowie die erforderlichen Strukturen und Prozesse geklärt sein.
Konfiguration nach den Anforderungen der Anwender und der neuen Prozesse
Die Konfiguration sollte nicht an den zukünftigen Anforderungen vorbei gehen. Anforderungen der Anwender und der neuen Prozesse sind abzustimmen und zu berücksichtigen.
Ausreichendes Testen des neuen IT-Systems
Am besten überprüft man neue IT-Systeme in einem sogenannten Testsystem auf mögliche Fehler. Auch die Einbindungsmöglichkeiten spielen hier eine Rolle. Ein Testsystem ist eine Kopie der Teile der IT-Systemlandschaft, mit der das neue IT-System zukünftig kommunizieren wird.
Lückenschluss statt neue Lücken in der IT-System-Landschaft
Oft reißen neu eingeführte IT-Systeme neue Lücken in die abteilungsinternen oder –übergreifenden Prozesse. Aber auch, wenn es sich um alte Lücken handelt – dem Lückenschluss sollte ebenfalls Aufmerksamkeit zuteilwerden. Hier können Weiterentwicklungen des IT-Systems oder zusätzlich eingeführte Apps helfen. (Einen Blog-Beitrag zur Automatisierung der Leistungsauswertung im Krankenhaus finden Sie hier.)
Expertise des Projektmanagements
Für jedes IT-Projekt, das mehr Zeit als einige Mann-Tage erfordert, ist ein professionelles Projektmanagement sinnvoll. Entweder durch Mitarbeiter des Krankenhauses oder durch externe Projektmanager.
Die Brücke zwischen IT-Abteilung und Anwendern
Auch das gehört zum guten Projektmanagement. Es geht um das Verstehen aller am Projekt beteiligten Akteure und beim Kommunizieren immer den Brückenschlag anzubieten.
Qualität der Schulungen
Die Qualität der Schulungen beeinflusst die Akzeptanz des neuen IT-Systems durch die Mitarbeiter. Je besser Anwender mit der neuen Software umgehen lernen, desto schneller und fehlerfreier integrieren sie sie in die tägliche Arbeitsroutine. Schulungen sollten nicht nur technische Neuerungen im Blick haben. Genauso wichtig ist das Bewältigen der täglichen Aufgaben mit Hilfe der neuen Software. Zudem sollten die Schulungen zeitnah zur Einführung stattfinden. (Einen Blog-Beitrag zum Erstellen der Benutzerdokumentation im Krankenhaus finden Sie hier.)
Nachschulungen anbieten
Diese Möglichkeit ist für Mitarbeiter, die sich im Umgang mit dem neuen IT-System noch nicht sicher fühlen. Oder die ihr Wissen vertiefen wollen. Zwar kosten Nachschulungen zusätzlich Zeit, dies ist aber überschaubar. Demgegenüber kann eine fehlerhafte Bedienung der Software über einen längeren Zeitraum einen nicht überschaubaren Zusatzaufwand für andere darstellen. Denn dann müssen Kollegen fehlende oder fehlerhafte Daten nacharbeiten.
Mit Lernkurven-Effekten adäquat umgehen
Die sogenannten Lernkurven-Effekte führen zu einem höheren Arbeitsaufwand direkt nach der Einführung. Durch das Üben, wie die täglichen Arbeitsaufgaben mit Hilfe des neuen IT-Systems in der Praxis zu bearbeiten sind. Hier helfen intensiv geschulte ‚Key-User’, die den Kollegen vor Ort bei Fragen schnell und unkompliziert helfen können, und so wieder zu einer Entlastung beitragen.
An die Altdaten-Übernahme denken
Ersetzt ein IT-System ein anderes, ist der Umgang mit den sogenannten Altdaten, also den Daten im abzulösenden Alt-System, wichtig. Denn die Anwender wollen und müssen in der Regel auf die Altdaten zugreifen. (Einen Blog-Beitrag zur Altdatenübernahme im Krankenhaus finden Sie hier.)
Verhaltensänderungen der Mitarbeitenden
Wenn im Zuge der Einführung eines neuen IT-Systems die Strukturen und Prozesse verändert werden, ändert sich oftmals auch die Arbeitsweise (das ist häufig ja auch eines der Ziele im Projekt). Dadurch werden Arbeitsschritte plötzlich transparent und für andere nachvollziehbar. Manches Mal müssen Komfortzonen verlassen werden. Hier sind also psychologische Faktoren zu berücksichtigen, damit das Projekt auch zu 100% ein Erfolg wird. Es ist also hilfreich, bei größeren Digitalisierungsprojekten eine an den psychologischen Dynamiken orientierte Projektbegleitung anzubieten.
Zusammenschluss von Krankenhäusern
Wenn ein geplanter Zusammenschlusses bzw. die Übernahme eines Krankenhäusern bereits feststeht, sollten größere Investitionen in Anwendungssysteme erst einmal zurückgestellt werden. Und zwar bis geklärt ist, ob diese IT-Systeme auch in Zukunft noch im Einsatz sind.
Und zum Schluss
Viele Punkte dieser Liste beziehen sich auf eher größere Digitalisierungsprojekte. Die Punkte können jedoch auch bei kleineren Projekten sinnvoll sein, um die Projekte erfolgreich abzuschliessen.
Wir wünschen viel Erfolg bei der Digitalisierung.
Ihre Heike Sander und Donat Wollny